QS-Begleitforschung in der TCM Klinik Bad Kötzting
Seit der Gründung vor 29 Jahren werden in der Ersten Deutschen Klinik für Traditionelle Chinesische Medizin, Bad Kötzting, Qualitätsprofile erhoben. Diese Qualitätssicherung versteht sich nicht nur als bloße Darstellung von klinisch erzielten Ergebnissen, sondern versucht unter bewusster Einbeziehung der bisherigen Erfahrungen grundsätzliche Probleme und Begrenzungen einer wissenschaftlichen Begleitung auf dem Gebiet der Naturheilkunde und Komplementärmedizin zu erörtern und mögliche Lösungsansätze aufzuzeigen.
So zeigte sich im Laufe der wissenschaftlichen Begleitung sehr schnell, dass die Prüfung einzelner Prozeduren – die im klinischen Alltag meist in Kombination angewandt werden – in ausschließlich randomisierten Studien, nur sehr begrenzt aussagekräftige Ergebnisse liefern würden und mit einem finanziell und zeitlich unrealistischen hohen Aufwand verbunden wären. Obwohl ein randomisierter Vergleich von klinischen Einrichtungen in diesem Bereich grundsätzlich wünschenswert wäre, ist auch dieser hier nur schwer umsetzbar. Außerdem wäre eine Verallgemeinerung der Ergebnisse solcher Studien bei den meist sehr klinikspezifischen Vorgehensweisen kaum vorstellbar. Kassen, Patienten und einweisende Ärzte können daher ihre Entscheidungen bezüglich der Therapiewünsche, Einweisung und Erstattung bislang nicht primär auf "wissenschaftliche Erkenntnisse" stützen.
Ein umfassendes Qualitätsprofil bezieht sich auf die Infrastruktur der Klinik (z.B. Anzahl der Betten, Personal, Qualifikationen, medizinisches Konzept), die Patienten (z.B. Arzneimittel, Akupunkturpunkte, konventionelle Behandlung), die Ergebnisse (Beschwerdeintensität, Lebenszufriedenheit, psychische Gesundheit, Nebenwirkungen) sowie auf Qualitätssicherungsaspekte (Transparenz in Form von Qualitätsberichten, Publikationen). Schwerpunkt der wissenschaftlichen Begleitung der TCM-Klinik Bad Kötzting durch das Kompetenzzentrum für Komplementärmedizin und Naturheilkunde (KoKoNat) ist die Erhebung von Wirksamkeit und Sicherheit der Behandlung, Strukturmerkmalen der Klinik, Mitarbeiterqualifikationen sowie von diagnostischen und therapeutischen Prozessen.
Kurz nach Gründung der TCM Klinik Bad Kötzting wurde ein erstes System zur Patientendokumentation eingeführt. Zusätzlich zu den Basisdaten der Patienten, wurden hierbei auch gesundheitsbezogene Themen wie Stimmung, Lebensqualität und allgemeine Einschätzung der Beschwerden sowie deren Veränderungen nach der Behandlung abgefragt. Die Dokumentation wurde zunächst als Routineverfahren bei allen Patienten ohne Beschränkung auf einzelne Kollektive angewendet.
Seither hat dieses Verfahren viele Modifikationen, in Bezug auf die Implementierung unterschiedlicher elektronischer Dokumentationssysteme und einer fortlaufenden Weiterentwicklung der verbesserten Qualitätsindikatoren, erfahren. In diesem Zusammenhang ist heute unter anderem die Dokumentation aller Bestandteile der verschriebenen TCM-Arzneimittel sowie aller Akupunkturpunkte, die während den einzelnen Behandlung akupunktiert wurden, möglich.
Aufgrund der wiederholten Reorganisation des Routineverfahrens war es nicht möglich, eine lückenlose Datenerfassung seit 1991 zu gewährleisten. Die Klinik musste zeitweise auf Patienentenkollektive und Datenerfassungsperioden zurückgreifen. Am Ende des Jahres 2018 weist die systematische Patientendokumentation dennoch einen Datenpool von über 23.000 stationären Patienten auf, von welchen knapp 17.000 mit selbstberichteten Daten erfasst sind.
TCM-Arzneimittel und Lebertoxizität
Alle im Rahmen des „Complication Screening Programs“ der TCM-Klinik Bad Kötzting dokumentierten Fälle von GPT-Erhöhungen aus den Jahren 1994 bis 2015 wurden aufbereitet und analysiert. In 26 von 21.896 behandelten Patienten (0,12%) zeigte sich ein Leberschaden in Form einer GPT-Erhöhung über das 5-fache des Normalbereichs. Zur Bewertung der Kausalität im Zusammenhang mit der Einnahme von TCM-Arzneimitteln wurde das RUCAM-Verfahren herangezogen. In 6 Fällen wurde die Kausalität als „wahrscheinlich“, in 17 als „möglich“, in einem Fall als „unwahrscheinlich“ und in 2 Fällen als „ausgeschlossen“ betrachtet.
Die Ergebnisse wurden unter: „Herbal Traditional Chinese Medicine and suspected liver injury: A prospective study“ World J Hepatol 2017 October 18; 9(29): 1141-1157 DOI: 10.4254/wjh.v9.i29.1141 publiziert.
In Zusammenarbeit mit Prof. Teschke, einem ausgewiesenen Experten in der Erforschung von Leberintoxikationen, intensivierte Prof. Melchart seine Arbeiten zur Hepatotoxizität von TCM-Arzneimitteln. Als Koautor trug er zu einer Publikation der Diskussion um standardisierte Diagnostikverfahren der Leberintoxikation durch pflanzliche Arzneimittel bei. Eine weitere, im Jahr 2016 publizierte, Arbeit beschäftigte sich speziell mit Fallbeschreibungen von Leberschäden nach Einnahme von Petadolex® mit Wirkstoffen der Pestwurz (siehe Verzeichnis der Publikationen aus 2016).
Kampo-Medizin
Die im Jahr 2015 begonnenen Verhandlungen zur Vorbereitung und Durchführung einer klinischen Studie zur Wirksamkeit und Verträglichkeit von Rikkunshito bei Patienten mit Reizmagen (Kooperation mit Dr. Reißenweber-Hewel) wurden in den Jahren 2016 und 2017 weitergeführt. Im September 2016 wurde eine Vereinbarung zwischen dem KoKoNat und dem Sponsor Ominedo Pharmaceutical Industry Co., Ltd. unterzeichnet. Gegenstand dieses Vertrags sind die notwendigen Arbeitsschritte, die der Planung und Vorbereitung der klinischen Studie dienen. Diese Feasability-Study beinhaltet die Aufgaben einer Studien-Protokollentwicklung, Ethikkommissionsaspekte und die Abklärung klinischer sowie organisatorischer und finanzieller Aspekte. Am Ende der Feasability-Study wurde die Entscheidung getroffen, zunächst keine klinische kontrollierte Studie für das Produkt Rikkugast durchzuführen.